Gerichtsverfahren um die Anerkennung von Umkleidezeiten als vergütete Arbeitszeit gibt es viele, besonders im öffentlichen Dienst. Dabei geht es oft darum, ob das Anlegen einer dienstlich angeordneten Uniform oder Schutzausrüstung bezahlt werden muss.
In einem aktuellen Fall hat das Bundesarbeitsgericht entschieden (Urteil vom 31.03.2021, 5 AZR 292/20), dass das Anlegen der Ausrüstung, wenn es ausschließlich betrieblichen Interessen dient und explizit vom Arbeitgeber gefordert ist, als Arbeitszeit gilt. Diese Entscheidung betont die Wichtigkeit klarer Regelungen und genauer Dokumentation der Arbeitszeiten, um Konflikte zu vermeiden.
Umkleidezeit bezahlte Arbeitszeit
Im Allgemeinen werden Zeiten für Umkleiden, Waschen und Wege nicht als Arbeitszeit gemäß § 6 Abs. 1 TVöD bzw. § 6 Abs. 1 TV-L betrachtet, selbst wenn der Kleidungswechsel am Arbeitsort stattfindet.
Die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) legt jedoch fest, dass Umkleide- und Wegezeiten als Arbeitszeit zu werten sind, wenn der Arbeitgeber bestimmte Bedingungen vorgibt.
Hierbei ist entscheidend, ob der Kleidungswechsel primär den Interessen des Arbeitgebers oder (zumindest teilweise) denen des Arbeitnehmers dient (BAG, Beschluss v. 10.11.2009, 1 ABR 54/08). Sollte das Umkleiden auch den Bedürfnissen des Beschäftigten entsprechen, wird es nicht zur Arbeitszeit gerechnet. Dies trifft beispielsweise zu, wenn der Angestellte die Arbeitskleidung bereits zu Hause anlegt und damit zur Arbeitsstätte fährt.
Die Auffälligkeit der Kleidung wird nach objektiven Kriterien beurteilt. Ausschlaggebend sind hierbei die Einheitlichkeit und die Erkennbarkeit des Arbeitgebernamens auf der Kleidung. Die Sichtbarkeit des Arbeitgebers dient ausschließlich dessen Interessen, nicht denen des Angestellten.
- Als besonders auffällig gilt Arbeitskleidung bereits dann, wenn sie trotz dezenter Farbgebung durch ein Logo oder einen Schriftzug eine Verbindung zu einem Rechtsträger oder Unternehmen herstellt (BAG, Beschluss v. 17.11.2015, 1 ABR 76/13).
- Selbst weiße Dienstkleidung ohne Aufschrift kann als „besonders auffällig“ eingestuft werden, wenn sie in der Öffentlichkeit mit einem spezifischen Beruf oder einer bestimmten Branche assoziiert wird, wie etwa die weiße Kleidung von Krankenpflegern (BAG, Urteil v. 6.9.2017, 5 AZR 382/16).
Ist das Tragen von Schutzkleidung durch Arbeitsschutzvorschriften vorgeschrieben, zählen das An- und Ablegen sowie die damit verbundenen Wege zur Arbeitszeit.
Es existieren natürlich auch Arbeits- und Tarifverträge, die Umkleidezeit nicht als Arbeitszeit definieren. In solchen Fällen erfolgt keine Vergütung für diese Zeit (BAG 5 AZR 124/18).
Urlteil: Die Arbeitskleidung Zuhause anziehen gilt nicht als Arbeitszeit
In einem Urteil vom 31.03.2021 (Az.: 5 AZR 292/20) bekräftigte das Bundesarbeitsgericht seine frühere Position: Die Zeit für das Umkleiden ist als Arbeitszeit zu betrachten, wenn der Arbeitgeber eine bestimmte Arbeitskleidung vorschreibt und die Mitarbeiter verpflichtet sind, diese am Arbeitsplatz anzulegen.
Das BAG stellte jedoch klar: Stellt der Arbeitgeber Umkleidemöglichkeiten zur Verfügung, so gilt das Anlegen der Dienstkleidung im eigenen Zuhause nicht als vergütungspflichtige Arbeitszeit.
Entscheidet sich ein Mitarbeiter dafür, die Dienstkleidung bereits zu Hause anzuziehen, obwohl der Arbeitgeber sowohl Räumlichkeiten als auch Zeit dafür am Arbeitsort bereitstellt, kann er für diese Umkleidezeit keine zusätzliche Entlohnung beanspruchen. Mit dieser Entscheidung wies das Bundesarbeitsgericht die Forderungen zweier bei der Berliner Polizei angestellten Wachleute zurück.
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